Jedes Stahlbetonbauwerk unterliegt Alterungsprozessen. Spätestens, wenn die Optik eines Bauwerks ein rissiges, verwittertes Düstergrau preisgibt oder abgeplatzte Oberflächen und Rostfahnen sichtbar werden, ist guter Rat wichtig. Wann ist eine Sanierung tatsächlich erforderlich? Wann genügen Ausbesserungsarbeiten? Der regelmäßige Bauwerks-Check ist erforderlich, um Veränderungen der Schäden am Bauwerk besser einordnen zu können.
Idealerweise gäbe es eine einheitlich anzuwendende Formel des Alterns oder von Schädigungsprozessen. Doch diese gibt es nicht. Unterschiedliche Einflussfaktoren wirken auf das Bauwerk wie bspw. die seinerzeit verwendeten Materialien, zufällige Variationen der Materialparameter beim Einbau, unterschiedliche Einbauqualitäten, veränderte Umwelteinflüsse oder höhere Belastungen durch eine stärkere Nutzung.
In welcher Phase befindet sich Ihr Bauwerk?
Gewisse äußere Anzeichen geben Informationen zum aktuellen Bauwerkszustand. Die Abbildung oben zeigt vier Phasen, wobei die Übergänge eher fließend zu sehen sind.
Grün – entspanntes Optimum
Das Bauwerk wurde neu errichtet oder vor kurzem umfassend saniert. In den ersten folgenden Jahren treten kaum nennenswerte Veränderungen auf. Kleine Risse bis zu Rissweiten von 0,2 mm sind zwar unschön, lösen aber nicht zwingend einen Handlungsbedarf aus.
Grüngelb – kritisches Beobachten
Punktuell fallen Ausbesserungen an. Das können auftretende Undichtigkeiten wegen einer defekten Stelle im Entwässerungssystem oder abblätternde Farb- oder Schutzschichten sein. Trotz der Reparaturen sollten die Bauteile bzw. das gesamte Bauwerk weiter beobachtet werden. Denn wenn unerkannte tieferliegende Probleme vorliegen, sollten diese aus wirtschaftlichen Gründen umgehend beseitigt werden. Schlechte Betonqualität oder Bewehrungskorrosion können den Alterungsprozess beschleunigen und den Sanierungsbedarf ausweiten.
Gelb – richtiges Handeln wichtig!
Beton und Bewehrungsstahl sind als Einheit zu betrachten, die im gesunden Verbund sowohl Druck-, Zug- und Biegekräfte im Bauwerk aufnehmen. Die Betonüberdeckung ist der Abstand von der Oberfläche zum innenliegenden Bewehrungsstahl und hat drei wichtige Funktionen zu erfüllen:
- Schutz des Bewehrungsstahls vor Korrosion
- Verbund zwischen Stahl und Beton
- Brandschutz
Bröckelt die Betonoberfläche ab oder ist rissig, werden die beschriebenen Funktionen nicht mehr erfüllt. In der Regel sind dann meist schon korrodierte Bewehrungseinlagen zu sehen. Jetzt ist zügiges und vor allen Dingen richtiges Handeln gefragt! Schönheitsreparaturen bringen so gut wie nichts und kaschieren nur die Schäden. Sie sind als Bauherr auf der sicheren Seite, wenn Sie vor der eigentlichen Reparaturmaßnahme oder Sanierung eine Ist-Zustandsfeststellung durch den dafür geeigneten Experten beauftragen. Mit dieser sachkundigen Begutachtung haben Sie eine solide und verlässliche Entscheidungsgrundlage für die nächsten Schritte. Lesen Sie zu diesem Thema ein Beispiel (Fassadensanierung Frankfurt).
Rot – Sofortiges Handeln
In dieser Phase geht um Abwehr von Gefahren durch Notmaßnahmen. Die Schäden betreffen nicht nur die Betonhülle, sondern auch in bedenklicher Form die innen liegenden Bewehrungseisen. Ist die Bewehrungskorrosion weit fortgeschritten, können Zug- und Biegekräfte im Bauwerk nicht mehr aufgenommen werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Bauteil oder das komplette Bauwerk bei einer Belastung versagt, ist dann sehr hoch. Eine Gefahr für Leben, Gesundheit oder von materiellen Folgeschäden gilt es abzuwenden. Lesen Sie zu diesem Thema auch (Kleiner Raum, viele Schäden).
Was können Sie als Eigentümer des Bauwerks tun?
Nehmen Sie ab der grüngelben kritischen Beobachtungsphase einen Sachkundigen Planer für Betoninstandhaltungen mit an Bord. Aufgrund der einschlägigen Erfahrung kann er einschätzen, welche Veränderungen am Bauwerk kritisch werden könnten und welche nicht. Im Rahmen der Inspektion, Bauwerksprüfung oder Ist-Zustands-Feststellung werden die Schäden aufgenommen und weitere Maßnahmen besprochen.
Je früher Sie handeln, desto entspannter für Ihr Sanierungsbudget.
Zu langes Abwarten führt dazu, dass die Sanierungskosten überproportional steigen. Gründe für Mehrkosten sind größere Flächenanteile, die zu bearbeiten sind und umfangreichere Bearbeitungstiefen. Das führt zu einem höheren Material- und Stundeneinsatz. Außerdem können Kosten für Zusatzmaßnahmen wie Notunterstützungen das Budget strapazieren.
Warum genau ein Sachkundiger Planer?
In den maßgebenden baurechtlichen Normen und Richtlinien für die Sanierung von Stahlbetonbauwerken wie Parkhäuser, Tiefgaragen, Hochhäuser der Verwaltung oder des Wohnungsbaus, Industriebauten oder von Ingenieurbauwerken wird u.a. eine Notwendigkeit beschrieben, die im Verantwortungsbereich des Bauherrn liegt. Er ist verpflichtet, den Sachkundigen Planer für die Instandhaltung von Betonbauwerken hinzuziehen. Warum? Nur er kann aufgrund seiner Sachkenntnis, seiner praktischen Erfahrungen und tiefergehenden Expertise die Standsicherheitsrelevanz von Schäden bewerten. Außerdem ist geregelt, dass der Sachkundige Planer verpflichtend hinzuzuziehen ist. Dies ergibt sich daraus, dass die TR Instandhaltung bauaufsichtlich eingeführt wurde.
Auch wenn es keine einheitliche Formel für Alterungsprozesse am Bauwerk gibt, mit rechtzeitigem und richtigem Handeln können Sie dem Alterungsprozess Widerstand leisten sowie den Werterhalt des Bauwerks wirtschaftlich sicherstellen.